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Handys in TV-Serien. Oder: Wie man an der Realität vorbeitelefoniert.

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Braucht man eigentlich lange, um ein guter Drehbuchschreiber zu werden? Das würde zumindest erklären, warum vor allem in Serien viele Folgen verfilmt werden, in denen der Autor anscheinend nicht recht mitbekommen hat, dass Handys die Welt der Kommunikation stark verändert haben. An manchen Stellen ist das Ignorieren der gängigsten Handyfunktionen so eklatant, dass es dann wohl doch auch den Autoren aufgefallen ist, weswegen die Möglichkeit zum mobilen Telefonieren notdürftig wegerklärt wird. Dann ist wahlweise gerade der Akku alle oder es gibt keinen Netzempfang. Klar, das gibt es, obwohl Akkus handelsüblicher Geräte heute mehrere Tage halten, bei einer Netzabdeckung von über 99%.

Ein Beispiel: In einer Ärzteserie, die ich regelmäßig ansehe (aber bitte nicht weitersagen ), sind der Chefarzt und die Oberschwester schon zweimal bei einsamen Wanderungen auf Hilfe angewiesen gewesen – einmal hatten sie einen Aussichtsturm im Grünen erklommen und sich eingesperrt, ein andern mal fiel der Chefarzt von einer Klippe. Beide Male war natürlich prompt der Handyakku alle. Das klingt für mich, als habe der Autor so nachgedacht: “Ach, Mist, das ist ja heute eigentlich gar kein Problem mehr, wenn man im Grünen plötzlich Hilfe braucht. Es gibt ja Handys! Zu blöd! Wie ignoriere ich das mal am besten? Ok, der Akku ist leer.”

Handys in TV-Serien. Oder: Wie man an der Realität vorbeitelefoniert.

Andere Charaktere bleiben von diesem Problem jedoch garantiert verschont: Nämlich Kommissare oder Privatdetektive, die sich in Krimis an Tatverdächtige, Geiselnehmer oder sonstige bösen Buben anschleichen. Denn bei ihnen klingelt gerne prompt in diesem Moment das Handy – sonst wäre die Folge am Ende noch in Minute 32 zu Ende gewesen. Und man kann ja nicht 13 Minuten Testbild senden. Von Stummschaltung oder Flugzeugmodus haben diese so „verhinderten“ Retter anscheinend bislang ebenso wenig gehört wie die Drehbuchschreiber.

Funktion RufnummernunterdrückungUnd das allerbeste: Angeblich anonyme Anrufe bei der Polizei vom Handy aus. Ok, dem Ottonormaldrehbuchschreiber ist die Funktion”Rufnummernunterdrückung” aus dem Alltag bekannt, er ärgert sich, dass er die Nummer des Anrufers nicht sieht, oder freut sich, wenn er selbst seine Anrufe tarnen kann. Also: Warum sollte das nicht auch ein Ganove gegenüber der Polizei nutzen? Hmm, kurz überlegen. Einfache Antwort: Weil die Polizei die Nummer trotzdem sieht. Wie? Ganz einfach: Die Nummer des Anrufers ist ja nicht weg. Der Netzbetreiber weiß natürlich, welche Nummer welchen Anschluss anruft, sonst könnte er das Gespräch ja gar nicht herstellen. Die Funktion “Rufnummernunterdrückung” bezieht sich nämlich nur auf die Anzeige auf dem Display des Angerufenen. Und es ist ja naheliegend, dass Polizei, Feuerwehr und andere Institutionen die Funktion aufheben können. Denn sie müssen ja wissen, wer sie anruft – seien es Erpresser oder hilfsbedürftige Leute, die gerade noch den Anruf aufbauen, aber vielleicht nicht mehr sprechen können. Zum Beispiel, weil sie beim Anruf der Feuerwehr vom Qualm ohnmächtig werden. Oder, besser verständlich für Drehbuchautoren, weil genau in dem Moment ihr Akku alle ist.


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